Wie die Versicherungsbranche ETF-Sparpläne zur Altersvorsorge schlecht redet

Wie die Versicherungsbranche ETF-Sparpläne zur Altersvorsorge schlecht redet

Die private Rentenversicherung genießt seit Jahren kein großes Vertrauen. Aufgrund der niedrigen Zinsen können Versicherer kaum oder keine Verzinsung garantieren. Zu teuer sind die Policen und die Kosten werden sehr häufig nur intransparent ausgewiesen. Hinzukommt, dass die meisten Versicherungsmakler provisionsbasiert arbeiten und somit für den Kunden nie transparent ist, ob der Makler im finanziellen Eigeninteresse oder im finanziellen Interesse des Kunden ein Produkt empfiehlt.

Um die Rentenlücke im Alter schließen zu können, empfiehlt es sich frühst möglich zusätzlich Vermögen anzusparen. Vermögen, dass im Rentenalter die finanzielle Lücke schließt und bei erhöhtem Kapitalbedarf aufgezehrt werden darf.

Versicherungsbranche redet ETF-Sparpläne schlecht

Finanzberatung und Versicherungsmakler sehen sich laut dem Beitrag „Der Hype um den ETF-Sparplan“ auf cash-online.de immer häufiger mit ETF-Sparpläne als Alternative zur privaten Rentenversicherung konfrontiert.

Die steigende finanzielle Bildung der Gen Y und Gen Z, unterstützt durch kostengünstigen Zugang zu ETFs durch Online-Broker mit kostenlosem Depot, sorgen dafür, dass immer mehr potentielle Kunden die private fondsgebunde Rentenversicherung (zurecht) kritisch hinterfragen.

Wieso eine teure und intransparente private fondsgebunde Rentenversicherung bei einem Versicherungsmakler abschließen, wenn Kunden auch selbst via ETF-Sparplan zu niedrigeren Kosten und höherer Rendite selbst für das Alter vorsorgen können?

Versicherungsmakler spielen mit der Angst der Kunden

Im oben verlinkten Beitrag gibt ein Versicherungsmakler Tipps, wie Vertriebler potentiellen Kunden den ETF-Sparplan für die Altersvorsorge durch die Hintertüre schlecht reden können. Dabei wird nicht versucht aktiv gegen ETF-Sparen zu argumentieren, sondern es wird ein Gedankenspiel mit dem Kunden vorgenommen das Angst schüren soll.

Wie immer beim Vertrieb von Versicherungen nutzt ein Versicherungsmakler die Angst und Unwissenheit des Kunden und baut ein mögliches Weltuntergangszenario für den Kunden auf, gegen das sich der Kunde versichern kann.

Das Szenario laut cash-online.de sieht wie folgt aus:

Stell dir vor, du bist jetzt in Rente. Du hast ordentlich Kapital angespart mit deinem ETF-Sparplan. Jetzt möchtest du davon leben. Du hast dich für die Entnahmestrategie ohne Kapitalverzehr entschieden und möchtest deinen Lebensunterhalt rein aus den Erträgen finanzieren. Du hast dir das alles ausgerechnet und mit dem Kapital und der durchschnittlichen jährlichen Rendite kommst du hier gut hin mit deinen Ausgaben. Jetzt haben wir im zweiten Jahr deiner Rentenphase plötzlich so ein Jahr wie in 2022. Die Aktienmärkte crashen, die Inflation steigt und die Lebenshaltung an sich wird um einiges teurer.

Plötzlich reichen die Erträge aus deinem Kapital nicht mehr aus, um deine Lebenshaltungskosten zu decken. Möglicherweise gab es überhaupt keine Erträge in diesem Jahr. Dein investiertes Kapital ist um ganze 15 Prozent gesunken. Nun musst du, obwohl du das nicht vorhattest, Kapital aus deinem Vermögen entnehmen, um deine laufenden Kosten zu decken. Jetzt hast du weniger investiertes Vermögen und dadurch sinken auch deine geplanten zukünftigen Erträge, von welchen du ja leben wolltest. Plötzlich musst du deine Ausgaben reduzieren. Du wirst nervös, weil du nicht weißt, wie lange diese Phase an den Aktienmärkten anhalten wird. Du weißt, dass du nicht – anders als in der Ansparphase – mehrere Jahrzehnte Zeit hast, diesen Verlust wieder auszugleichen, weil du ja jetzt von den Erträgen leben musst.

cash-online.de

Der Versicherungsmakler gibt noch Tipps, wie sich der „Weltuntergang“ verschlimmern lässt:

Das Szenario kann noch um andere unbekannte Variablen ergänzt werden, zum Beispiel Krankheiten, welche es dir überhaupt nicht mehr möglich machen, dein Portfolio zu managen. Und nun stellt sich eigentlich nur noch eine Frage: „Fühlt sich das für dich nach einem entspannten und sorgenfreien Ruhestand an?” Und die ehrliche Antwort darauf kann nur Nein sein.

cash-online.de

Es wird ein manipulatives Szenario der Angst aufgebaut. Der Versicherungsmakler fragt aktiv nach den Gefühlen des Kunden. Das Szenario lässt nur eine Antwort.

Achtung! Das hat nichts mehr mit Beratung zu tun. Der Kunde wird durch Angst in eine Ecke gedrängt. Der einzige Ausweg scheint das Versicherungsprodukt zu sein. Es gibt keine objektiven Argumente durch den Vertriebler. Hier wird nicht mehr beraten. Entscheidungen unter Angst sind Fehlentscheidungen. Spätestens jetzt sollte man das Verkaufsgespräch verlassen!

Was ist dran an den Argumenten?

Lasst uns gemeinsam einen genauen Blick auf das Weltuntergangsszenario werden. Was genau skizziert der Vertriebler?

  1. Die Aktienmärkte crashen
  2. Die Inflation steigt
  3. Die Lebenshaltung an sich wird um einiges teurer
  4. Bonus-Angst: Krankheit verhindert Portolio-Management im Alter

Auf den ersten Blick sieht alles ganz schlimm aus. Auf den zweiten Blick ist es das jedoch nicht. Auf den dritten Blick erkennt man, dass die fondsgebundene Rentenversicherung den Kunden auch nicht schützen wird.

1. Die Aktienmärkte crashen

Der ETF-Sparplan dient zum langfristigen Vermögensaufbau. Wird der Vermögensaufbau mit thesaurierenden ETFs (Dividenden werden im ETF wieder angelegt) erzielt, ist es sinnvoll in den 5 bis 10 Jahren vor der Rente einen Teil des ETFs in weniger Schwankungsanfälle Anleihen umzuschichten. Hierzu müssen Kursgewinne realisiert und versteuert werden. Anleihen zahlen garantierte Zinsen und der Anleger erhält am Ende den vollen Anlagebetrag zurück. Ein Crash am Aktienmarkt hat auf werthaltige Anleihen und deren Zinszahlungen keinen Einfluss.

Ist ein Kunde in eine fondsgebundene Rentenversicherung investiert, schützt auch diese vor einem Crash am Aktienmarkt nicht. Was passiert, wenn der Crash nicht in der Rente sondern vor der Rente passiert? Die Versicherungsbranche hat auch hierfür Produkte, die beispielsweise eine gewisse Rendite garantiert. Diese Garantie geht dafür zu Lasten der Rendite. Oft werden nur noch 2 oder 3 Prozent garantiert. Vor Kosten! Abzüglich Kosten machen diese Policen oft weniger Rendite als die langfristige Inflation. Von knapp 10% Inflation wie in 2022 ganz zu schweigen.

Wird in einen ETF investiert und vor Renteneintritt nicht umgeschichtet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, bei einem Aktiencrash trotzdem mehr Vermögen als bei einer fondsgebundene Rentenversicherung zu haben. Die fondsgebundene Rentenversicherungen haben in der Regel eine deutlich schlechtere Performance und sehr hohe Kosten. Auf die hohen Kosten und niedrigere Performance geht der Versichungsmakler grundsätzlich nicht ein. Absichtlich oder weil er die eigenen Produkte nicht kennt, ist an der Stelle unklar.

2. Die Inflation steigt

Gegenfrage: Wie schützt die fondsgebundene Rentenversicherung vor einer steigenden Inflation? Überhaupt nicht!

Hat man dagegen einen Teil des Vermögens in Anleihen umgeschichtet und ist zusätzlich weiterhin in ETFs investiert, profitiert man als Anleger weiterhin von den Wertsteigerungen am Kapitalmarkt auch während der Rente. Inflation, also steigende Preise, führen häufig zu steigende Umsätze und Gewinne bei den Unternehmen und damit auch zu steigenden Aktienkursen.

3. Die Lebenshaltung an sich wird um einiges teurer

Wo ist der Unterschied zur steigenden Inflation? Die Lebenshaltungskosten steigen bei steigender Inflation. In den Lebenshaltungskosten sind laut Statistischem Bundesamt Ausgaben für Wohnen, Energie, Nahrung und Getränke enthalten. Das sind die privaten Konsumausgaben, die bei steigender Inflation teurer werden. Das Argument hatten wir doch schon unter 2. oder?

Gehen dem Versicherungsmakler die Argumente aus und er muss die Inflation doppelt verwerten? Zudem auch hier die Gegenfrage: Wie schützt die fondsgebundene Rentenversicherung vor steigenden Lebenshaltungskosten? Überhaupt nicht!

4. Krankheit verhindert Portolio-Management im Alter

Das Management des Portfolios ist kein Vollzeitjob. Es ist nicht einmal eine kleine Nebentätigkeit, sondern maximal eine Aufgabe die wenige Stunden pro Jahr Aufwand bedeutet.

Wie unter „1. Die Aktienmärkte crashen“ genannt, wurde idealweise ein Teil des Vermögens vor der Rente in Anleihen umgeschichtet, die regelmäßige Zinszahlungen ermöglichen.

Wurde das nicht gemacht, sollte das bei den meisten Portfolios ebenfalls kein Problem sein. Ja man entnimmt im Crash mehr ETF-Anteile bei gleichem Geldwert. Nach einem Crash steigen die Börsen wieder und das wird der Kapitalmarkt sehr wahrscheinlich auch langfristig in der Rente machen. Wer mit 67 in Rente geht und noch 20 Jahre lebt, für den ist ein Crash eine zu verschmerzende Delle.

Nicht von der Angst treiben lassen

Wer mit einem Versichungsmakler spricht, sollte im Hinterkopf folgendes haben: Versicherungen versichern Risiken. Je größer die Angst vor dem Risiko ist, desto wahrscheinlicher kauft der Kunde die Versicherung. Es gibt so viele unnötige Versicherungen, die alle mit dem Angst-Faktor gut verkaufen werden. Damit sich Risiken bedrohlicher anfühlen, wird gerne ein Weltuntergangsszenario erstellt. Ein Szenario das sehr schlimm klingt und maximal unwahrscheinlich ist.

Deshalb sollte man nie direkt einen Vertrag beim Versicherungsmakler unterschreiben sondern nach Hause gehen und nachdenken, wie wahrscheinlich das Risiko wirklich ist.

Die Versichungsbranche scheint selbst durch Angst getrieben zu sein und sieht, wie junge Kunden sich selbst um die Altersvorsorge kümmern. Das ist gut, denn dank langfristig hohen Renditen am Kapitalmarkt und niedrigen Kosten ist das Kapital deutlich effizienter angelegt.

Ein weiterer Vorteil des ETF-Sparplans: Im Todesfall ist das Geld nicht weg sondern wird Teil der Erbmasse. Ein großes ETF- oder Aktienportfolio lässt sich vererben. Mit einigen Steuertipps wie dem Nießbrauchrecht auf Dividenden sogar mit deutlichen Abschlägen von der Erbschaftsteuer. Eine Rentenversicherung ist weg, wenn der Versicherte stirbt. Das lässt sich natürlich verhindern, das kostet jedoch extra bei der Versicherung.

Abschließende Gedanken

Historisch betrachtet liegt die Inflation seit 1950 in Deutschland knapp unter 3% pro Jahr. In dieser Zeit lag die Inflation in insgesamt neun Jahren über 5 Prozent. Aus meiner persönlichen Sicht ist das kein relevant zu versicherndes Risiko. Wenn man zudem betrachtet, dass einige der Garantie-Rentenversicherungspolicen selbst nur 3% Rendite vor Kosten bieten, ist die private Rentenversicherung ein finanzielles Risiko! Das Geld wird beim Versicherer effektiv weniger wert.

Historisch betrachtet gibt es immer wieder heftige Abstürze am Aktienmarkt. Das Bild unten zeigt die historische Entwicklung des MSCI World seit 1973. Die Abstürze sind in der Regel heftig, aber von kurzer Dauer. Oft nur wenige Monate, keine Jahre und erst Rechte keine Jahrzehnte. Wurde ein Teil des Depots umgeschichtet, lässt sich ein Crash problemlos und ohne finanzielle Einschränkungen aussitzen. Auf 20 Jahre Rentendauer ist kein Crash relevant.

MSCI World Performance
MSCI World Performance (Bild: onvista.de).

Wenn dich interessiert, wie ich meine Altersvorsorge mit ETFs strukturiere, kannst du im verlinkten Beitrag meine Gedanken, mein Depot und die von mir gekauften und aktuell besparten ETFs einsehen. Du findest Hinweise auf die von mir verwendeten Online-Broker und meine Pläne für die Verwendung der ETFs während der Rente.

Wie die Versicherungsbranche ETF-Sparpläne zur Altersvorsorge schlecht redet

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